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Die Richtlinie des gemeinsamen Bundesausschusses - ausreichend, zweckmäßig & (für die GKV) wirtschaftlich

Die Richtlinie dieses Ausschusses der Kassenzahnärzte (Vertragszahnärzte) und der Krankenkassen sind auf Basis des SGB V (Sozialgesetzbuch V) erlassen worden und stellen eine der Leitlinien dar.

Sie werden bei der Lektüre feststellen, dass dort häufig steht "in der Regel". Die Absicht der Formulierung ist eigentlich eine gewisse Aufweichung der harten Vorschriften. In der Praxis führt dies jedoch bisweilen zur Rechtsunsicherheit für den Behandler, da im Misserfolg eine nachträgliche Begutachtung oder Wirtschaftlichkeitsprüfung den Misserfolg feststellen und dann "in der Regel" härter auslegen wird. Ein Regress und ggf. Schadenersatzforderungen können die Folge sein.

Das bedeutet: wer als Vertragszahnarzt die Richtlinien hart auslegt, ist eher auf der sichereren Seite, hat keine nachträglichen Einbußen und Rechtsfolgen zu befürchten.

Sie finden dort meistens nur positiv erwähnt, welche Verfahren Leistungen der gesetzlichen Versorgung sind und Sie werden den Eindruck gewinnen, dass das wohl alles ist, was es gibt, bis auf die wenigen Dinge, die ausdrücklich ausgeschlossen sind. Dieser Eindruck entsteht durch die Vermischung mit der Betonung der Regeln der Kunst und der maximalen Patientenschonung etc. Das geht an den heutigen medizinischen Möglichkeiten jedoch weit vorbei, der Katalog an Kassenleistungen bildet heute mögliche Medizin bei weitem nicht ab!

Der Wortlaut: "...

Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung

(Behandlungsrichtlinie)

vom 4. Juni 2003/24. September 2003
veröffentlicht im Bundesanzeiger 2003, Seite 24 966
in Kraft getreten am 1. Januar 2004
zuletzt geändert am 1. März 2006,
veröffentlicht im Bundesanzeiger 2006, S. 4466
in Kraft getreten am 18. Juni 2006

A - Allgemeines

B - Vertragszahnärztliche Versorgung
I. Befunderhebung
II. Röntgendiagnostik
III. Konservierende Behandlung
IV. Chirurgische Behandlung
V. Systematische Behandlung von Parodontopathien
VI. Sonstige Behandlungsmaßnahmen
VII. Ausnahmeindikationen für implantologische Leistungen

C - Verordnung von Arzneimitteln
I. Allgemeine Grundsätze
II. Auswahl der Arzneimittel
III. Verordnungsumfang
IV. Hinweise auf Verordnungsmöglichkeiten und Preisgestaltung

A - Allgemeines

  1. Die vom Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen gemäß § 92 Abs. 1 SGB V beschlossenen Richtlinien sichern die Maßnahmen, die im Sinne der §§ 2, 12 Abs. 1 und 70 SGB V Gewähr für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Behandlung der Versicherten bieten sowie eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und dem medizinischen Fortschritt berücksichtigende Versorgung der Versicherten gewährleisten. Sie sind auf eine ursachengerechte, zahnsubstanzschonende und präventionsorientierte zahnärztliche Behandlung ausgerichtet. Die Richtlinien sind auch Kriterien im Sinne von § 136 Abs. 1 Satz 2 SGB V.
    Die Abrechenbarkeit der in diesen Richtlinien beschriebenen Maßnahmen regeln die Vertragspartner gemäß § 87 SGB V.
  2. Die vertragszahnärztliche Versorgung umfasst die Maßnahmen, die geeignet sind, Krankheiten der Zähne, des Mundes und der Kiefer nach dem wissenschaftlich anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse zu verhüten, zu heilen, durch diese Krankheiten verursachte Beschwerden zu lindern oder Verschlimmerungen abzuwenden, soweit diese Maßnahmen nicht der Eigenverantwortung der Versicherten zugerechnet werden. Die Versicherten sind für ihre Gesundheit mit verantwortlich; sie sollen durch eine gesundheitsbewusste Lebensführung, durch frühzeitige Beteiligung an gesundheitlichen Vorsorgemaßnahmen sowie durch aktive Mitwirkung an der Krankenbehandlung dazu beitragen, den Eintritt von Krankheit zu vermeiden oder ihre Folgen zu überwinden.
    Ob die Behandlung zum Erfolg führt, ist auch von der aktiven Mitwirkung des Patienten abhängig; deswegen soll der Zahnarzt (Vertragszahnarzt) den Patienten auf die Notwendigkeit einer ausreichenden Mundhygiene hinweisen.
    Außerdem soll der Zahnarzt den Patienten darauf hinweisen, dass eine zahnärztliche Behandlung einer entsprechenden Mitarbeit des Patienten bedarf. Einzelheiten über die erforderliche Mitarbeit des Patienten werden für die einzelnen Behandlungsbereiche in den Richtlinien näher beschrieben.
  3. Maßnahmen, die lediglich kosmetischen Zwecken dienen, gehören nicht zur vertragszahnärztlichen Versorgung.
  4. Im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung bestimmt der Zahnarzt nach entsprechender Aufklärung und unter Wahrung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten Art und Umfang der Behandlungsmaßnahmen. Der Zahnarzt hat auf eine zweckmäßige Verwendung der von der Gemeinschaft aufgebrachten Mittel der Krankenversicherung zu achten. Das Maß des medizinisch Notwendigen darf nicht überschritten werden. Die diagnostischen Maßnahmen und die Therapie haben dem Gebot der Wirtschaftlichkeit zu entsprechen.
  5. Zur vertragszahnärztlichen Versorgung gehört die Tätigkeit eines Zahnarztes auch dann, wenn er sie auf Veranlassung eines Arztes vornimmt.
  6. Bei der vertragszahnärztlichen Versorgung sind Maßnahmen der Praxishygiene und des Infektionsschutzes von Patienten, Personal und Zahnärzten sorgfältig zu beachten.
  7. Es sollen nur Untersuchungs- oder Heilmethoden angewandt werden, deren diagnostischer und therapeutischer Wert ausreichend gesichert ist. Die Erprobung solcher Methoden auf Kosten der Versicherungsträger ist unzulässig.
  8. Die in der vertragszahnärztlichen Versorgung tätigen Zahnärzte haben darauf hinzuwirken, dass auch für sie tätig werdende Vertreter und Assistenten diese Richtlinien kennen und beachten.

B - Vertragszahnärztliche Behandlung

I. Befunderhebung und Diagnose einschließlich Dokumentation

  1. Zur vertragszahnärztlichen Versorgung gehören die Befunderhebung und Diagnose sowie ihre Dokumentation. Inhalt und Umfang der diagnostischen Maßnahmen sind in zahnmedizinisch sinnvoller Weise zu beschränken.
    Die zahnärztlichen Maßnahmen beginnen mit Ausnahme von Akut- oder Notfällen grundsätzlich mit der Untersuchung zur Feststellung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten. Diese Untersuchung soll in regelmäßigen Abständen wiederholt werden. Sie umfasst diagnostische Maßnahmen um festzustellen, ob ein pathologischer Befund vorliegt, oder ob weitere diagnostische, präventive und/oder therapeutische Interventionen angezeigt sind.
    Bei der Untersuchung sollen die klinisch notwendigen Befunde erhoben werden. Sie umfasst auch ggf. die Erhebung des Parodontalen Screening-Index (PSI). Bei Code 1 und 2 liegt eine Gingivitis, bei Code 3 und 4 eine Parodontitis vor.

II. Röntgendiagnostik

  1. Die Röntgenuntersuchung gehört zur vertragszahnärztlichen Versorgung, wenn die klinische Untersuchung für eine Diagnose nicht ausreicht oder bestimmte Behandlungsschritte dies erfordern.
  2. Röntgenuntersuchungen dürfen nur durchgeführt werden, wenn dies aus zahnärztlicher Indikation geboten ist. Dies kann auch der Fall sein zur Früherkennung von Zahnerkrankungen, z.B., wenn der Verdacht auf Approximalkaries besteht, die klinisch nicht erkennbar ist.
  3. Vor Röntgenuntersuchungen ist stets abzuwägen, ob ihr gesundheitlicher Nutzen das Strahlenrisiko überwiegt. Die Strahlenexposition ist auf das notwendige Maß zu beschränken. Bei Röntgenuntersuchungen von Kindern und Jugendlichen ist ein besonders strenger Indikationsmaßstab zu Grunde zu legen.
  4. Bei neuen Patienten oder bei Überweisungen sollen nach Möglichkeit Röntgenaufnahmen, die von vorbehandelnden Zahnärzten im zeitlichen Zusammenhang angefertigt worden sind, beschafft werden. Diese Röntgenaufnahmen sollen vom nachbehandelnden Zahnarzt in Diagnose und Therapie einbezogen werden.
  5. Für Röntgenuntersuchungen findet die Röntgenverordnung Anwendung. Das gilt auch für die Aufzeichnungspflicht.

III. Konservierende Behandlung

  1. Die Vorbeugung und Behandlung der Gingivitis, Parodontitis und Karies bei Patienten, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, umfasst insbesondere die Anleitung des Patienten zu effektiver Mundhygiene und Hinweise zur Reduktion von Risikofaktoren sowie ggf. die Entfernung harter Beläge und iatrogener Reizfaktoren.
  2. Die konservierende Behandlung sollte ursachengerecht, zahnsubstanzschonend und präventionsorientiert erfolgen. Jeder Zahn, der erhaltungsfähig und erhaltungswürdig ist, soll erhalten werden. Jeder kariöse Defekt an einem solchen Zahn soll behandelt werden. Dabei soll die gesunde natürliche Zahnhartsubstanz soweit wie möglich erhalten bleiben. Die Regelungen zur endodontischen Behandlung in Nummer 9 dieser Richtlinien sind zu beachten.
  3. Die konservierende Behandlung der Zähne soll so erfolgen, dass
    a) die Kavitäten unter Beachtung der Substanzschonung präpariert werden,
    b) die Karies vollständig entfernt wird,
    c) notwendige Maßnahmen zum Pulpenschutz durchgeführt werden,
    d) Form und Funktion der Zähne wiederhergestellt werden,
    e) die Füllungsoberflächen geglättet werden.
  4. Es sollen nur anerkannte und erprobte plastische Füllungsmaterialien gemäß ihrer medizinischen Indikation verwendet werden. Die aktuellen Gebrauchs- und Fachinformationen und Aufbereitungsmonographien sollen berücksichtigt werden.
  5. Alle nach Nummer 4 indizierten plastischen Füllungen sind auch im Seitenzahnbereich im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung zu erbringen. Adhäsiv befestigte Füllungen im Seitenzahngebiet sind nur in Ausnahmefällen Bestandteil der vertragszahnärztlichen Versorgung.
    Im Frontzahnbereich sind in der Regel adhäsiv befestigte Füllungen das Mittel der Wahl.
    Mehrfarbentechnik im Sinne einer ästhetischen Optimierung ist nicht Bestandteil der vertragszahnärztlichen Versorgung.
  6. Zur form- und funktionsgerechten Füllungsgestaltung sind gegebenenfalls geeignete Hilfsmittel anzuwenden (wie z. B. Matrizen/Keile ).
  7. Das Legen einer Einlagefüllung, ebenso die gegebenenfalls im Zusammenhang mit der Herstellung und Eingliederung erbrachte Anästhesie oder durchgeführten besonderen Maßnahmen sind nicht Bestandteile der vertragszahnärztlichen Versorgung, wohl aber eine vorausgegangene Behandlung des Zahnes.
  8. In der konservierenden Behandlung hat die Erhaltung der vitalen Pulpa Vorrang.
    Bei Erhaltung der Zähne durch Methoden der Pulpaüberkappung und Wurzelkanalbehandlung soll in angemessenen Zeitabständen eine klinische und ggf. eine Sensibilitätsprüfung- bzw. röntgenologische Kontrolle des Heilerfolges durchgeführt werden.
  9. Zähne mit Erkrankungen oder traumatischen Schädigungen der Pulpa sowie Zähne mit nekrotischem Zahnmark können in der Regel durch endodontische Maßnahmen erhalten werden.
    Die Wurzelkanalbehandlung von Molaren ist in der Regel angezeigt, wenn
    - damit eine geschlossene Zahnreihe erhalten werden kann,
    - eine einseitige Freiendsituation vermieden wird,
    - der Erhalt von funktionstüchtigem Zahnersatz möglich wird.

    9.1 Für alle endodontischen Maßnahmen gilt insbesondere:
    a) Eine Behandlung im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung ist nur dann angezeigt, wenn die Aufbereitbarkeit und Möglichkeit der Füllung des Wurzelkanals bis bzw. bis nahe an die Wurzelspitze gegeben sind.
    b) Medikamentöse Einlagen sind unterstützende Maßnahmen zur Sicherung des Behandlungserfolgs; sie sind grundsätzlich auf drei Sitzungen beschränkt.
    c) Es sollen biologisch verträgliche, erprobte, dauerhafte, randständige und röntgenpositive Wurzelfüllmaterialien verwendet werden.
    d) Die Wurzelkanalfüllung soll das Kanallumen vollständig ausfüllen.
    e) Begleitende Röntgenuntersuchungen (diagnostische Aufnahmen, Messaufnahmen, Kontrollaufnahmen) sind unter Beachtung der Strahlenschutzbestimmungen abrechenbar.

    9.2 Eine Vitalamputation (Pulpotomie) ist nur bei Kindern und Jugendlichen angezeigt. Bei Milchzähnen mit Pulpitis oder Nekrose des Pulpengewebes kann eine Pulpektomie und Wurzelkanalbehandlung angezeigt sein.

    9.3 Bei einer Nekrose des Pulpengewebes muss die massive bakterielle Infektion des Wurzelkanalsystems beseitigt werden. Nach der Entfernung des infizierten Pulpagewebes sollen die Wurzelkanäle mechanisch und chemisch ausreichend aufbereitet, desinfiziert und bis zur apikalen Konstriktion gefüllt werden.

    9.4 Bei pulpentoten Zähnen mit im Röntgenbild diagnostizierter pathologischer Veränderung an der Wurzelspitze ist bei der Prognose kritisch zu überprüfen, ob der Versuch der Erhaltung des Zahnes durch konservierende oder konservierend-chirurgische Behandlung unternommen wird.
    Für die Therapie von Zähnen mit Wurzelkanalfüllungen und apikaler Veränderung sind primär chirurgische Maßnahmen angezeigt.
    Lediglich bei im Röntgenbild erkennbaren nicht randständigen oder undichten Wurzelkanalfüllungen ist die Revision in der Regel angezeigt, wenn damit
    - eine geschlossene Zahnreihe erhalten werden kann,
    - eine einseitige Freiendsituation vermieden wird,
    - der Erhalt von funktionstüchtigem Zahnersatz möglich wird.

    9.5 Bei kombinierten parodontalen und endodontischen Läsionen ist die Erhaltung der Zähne im Hinblick auf die parodontale und endodontische Prognose kritisch zu prüfen.
  10. In der Regel ist die Entfernung eines Zahnes angezeigt, wenn er nach den in diesen Richtlinien beschriebenen Kriterien nicht erhaltungsfähig ist. Ein Zahn, der nach diesen Richtlinien nicht erhaltungswürdig ist, soll entfernt werden. Eine andere Behandlung von nicht erhaltungswürdigen Zähnen ist kein Bestandteil der vertragszahnärztlichen Versorgung.
  11. Die Milchzähne sollen durch eine konservierende Behandlung erhalten werden, damit die Kaufähigkeit des kindlichen Gebisses bewahrt und eine Fehlentwicklung des bleibenden Gebisses verhütet wird.

IV. Chirurgische Behandlung

  1. Zur vertragszahnärztlichen Versorgung gehören
    a) das Entfernen von Zähnen oder deren Wurzeln,
    b) chirurgische Eingriffe bei Mund- und Kieferkrankheiten, wenn die Heilung durch andere Maßnahmen voraussichtlich nicht oder nicht so schnell zu erreichen ist.
  2. Beim Entfernen von Zähnen und anderen chirurgischen Eingriffen im Mund- und Kieferbereich soll die Vorgehensweise gewählt werden, die
    a) eine schnelle Wundheilung erwarten lässt,
    b) Schleimhaut und Knochenverhältnisse soweit wie möglich erhält,
    c) günstige Voraussetzungen schafft für eine spätere prothetische Versorgung.
  3. Die Notwendigkeit zur Zahnextraktion ergibt sich aus Befund und Diagnose.
    Die Zahnextraktion kann angezeigt sein bei
    a) umfangreicher kariöser Zerstörung eines Zahnes,
    b) fortgeschrittener Parodontalerkrankung,
    c) Erkrankungen der Pulpa und des apikalen Parodontiums, die einer endodontischen und chirurgischen Therapie nicht zugänglich sind,
    d) traumatischen Zahnfrakturen,
    e) fehlstehenden, verlagerten oder impaktierten Zähnen sowie bei kieferorthopädischer Indikation,
    f) schlechter Prognose anderer Maßnahmen
    g) oder wenn wichtige medizinische Gründe eine zwingende Rechtfertigung dafür liefern, eine bestehende oder potentielle orale Infektionsquelle zu beseitigen.
  4. Eine Wurzelspitzenresektion ist insbesondere indiziert
    a) wenn das Wurzelkanalsystem durch andere Verfahren nicht ausreichend zu behandeln ist,
    b) wenn ein periapikaler Krankheitsprozess besteht, der einer konservierenden Therapie nicht zugänglich ist,
    c) bei Wurzelfrakturen im apikalen Drittel oder aktiver Wurzelresorption.
    Die Wurzelspitzenresektion von Molaren ist in der Regel angezeigt, wenn
    - damit eine geschlossene Zahnreihe erhalten werden kann,
    - eine einseitige Freiendsituation vermieden wird,
    - der Erhalt von funktionstüchtigem Zahnersatz möglich wird.
  5. Die Hemisektion und Teilextraktion eines mehrwurzeligen Zahnes ist nur in begründeten Ausnahmefällen zum Erhalt einer geschlossenen Zahnreihe angezeigt und/oder zum Erhalt einer bestehenden prothetischen Versorgung.
  6. Bei der chirurgischen Behandlung im Oberkiefer wird der Schmerz durch Infiltrationsanästhesie ausgeschaltet, bei größeren Eingriffen oder bei entzündlichen Prozessen sowie bei der chirurgischen Behandlung im Unterkiefer durch Leitungsanästhesie. Die Infiltrationsanästhesie ist neben der Leitungsanästhesie in der Regel nicht angezeigt. Dies gilt nicht bei der Parodontalbehandlung.

Protokollnotiz:
Der Bundesausschuss stellt fest:
„Eine zentrale Anästhesie (Narkose) oder Analgosedierung gehört dann zur Leistungspflicht der GKV, wenn im Zusammenhang mit zahnärztlichen Leistungen eine andere Art der Schmerzausschaltung nicht möglich ist. Die Leistung ist im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zu erbringen.“

V. Systematische Behandlung von Parodontopathien (Par-Behandlung)

  1. Grundlagen, Ziel der Behandlung und Indikationen

    Das Parodontium umfasst Gingiva, Wurzelzement, Desmodont und Alveolarknochen. Es verankert den Zahn im Kieferknochen und bildet dadurch mit dem Zahn eine Funktionseinheit. Entzündliche Erkrankungen des Parodontiums, die mit Attachmentverlust einhergehen, werden als Parodontitiden bezeichnet. Parodontitiden sind multifaktorielle Erkrankungen. Sie werden durch parodontopathogene Mikroorganismen verursacht. Ihre Progredienz wird durch endogene und exogene Risikofaktoren beeinflusst. Das Ziel der Behandlung von Parodontitiden ist, entzündliche Erscheinungen zum Abklingen zu bringen, ein Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern und einem weiteren Alveolarknochenverlust und damit Zahnverlust vorzubeugen.
    Regelmäßige Voraussetzung für die durchzuführende Parodontitistherapie ist das Fehlen von Zahnstein und sonstiger Reizfaktoren sowie die Anleitung des Patienten zur richtigen Mundhygiene.
    Bei der Parodontitistherapie ist es unverzichtbar, die Wurzeloberflächen zu reinigen und Mikroorganismen aus parodontalen Taschen zu entfernen.
    Zur Reduktion exogener und endogener Risikofaktoren wird bei Patienten, bei denen die allgemeine Anamnese Hinweise auf nicht adäquat behandelte Allgemeinerkrankungen gibt, auf ärztliche Behandlung verwiesen und Rauchern geraten, den Tabakkonsum einzustellen oder ihn einzuschränken. Konservierend-chirurgische Maßnahmen sind je nach Indikation vor oder im zeitlichen Zusammenhang mit der Parodontitistherapie durchzuführen.

    Die systematische Parodontitistherapie kann umfassen:
    -geschlossenes Vorgehen
    -offenes Vorgehen
    -Antibiotische Therapie
    -Maßnahmen zur Sicherung des Behandlungserfolges nach Maßgabe von Nr. 7

    Eine behandlungsbedürftige Parodontopathie liegt vor, wenn ein Parodontaler Screening-Index (PSI)-Wert von Code 3 oder 4 (Anlage) erhoben wird oder wenn eine der folgenden Diagnosen gestellt wird und dabei eine Sondiertiefe von 3,5 mm und mehr vorliegt:
    -Chronische Parodontitis
    -Aggressive Parodontitis
    -Parodontitis als Manifestation von Systemerkrankungen
    -nekrotisierende Parodontalerkrankungen
    -Parodontalabszess
    -Parodontitis im Zusammenhang mit endodontalen Läsionen
    -folgende entwicklungsbedingte oder erworbene Deformitäten oder Zustände:
    -Gingivale Vergrößerungen
    -Gingiva- und Weichgewebswucherungen

    Nicht zur vertragszahnärztlichen Versorgung der Versicherten gehört die Behandlung der Rezessionen, des Fehlens keratinisierter Gingiva und der verkürzten angewachsenen Schleimhaut.
  2. Anamnese und Diagnostik im Hinblick auf den Parodontalzustand

    Grundlage für die Therapie sind die Anamnese, der klinische Befund (Parodon-talstatus) und Röntgenaufnahmen. Die Krankenkasse kann vor der Kosten-Übernahmeentscheidung diese Unterlagen und den Patienten begutachten lassen. Die Anamnese umfasst:
    - Allgemeine Anamnese (darunter Risikofaktoren für Parodontitis wie Diabetes mellitus, Tabakkonsum, HIV-Infektion im fortgeschrittenen Stadium, Behandlung mit immunsuppressiven Medikamenten, Osteoporose)
    -Familienanamnese im Hinblick auf Parodontalerkrankungen
    -Spezielle Anamnese (Schmerzen/Vorbehandlungen).

    Die Dokumentation des klinischen Befunds (Parodontalstatus) umfasst:
    - Taschentiefen und Blutung der Zahnfleischtaschen auf Sondieren
    - parodontale Rezessionen, um einen Ausgangswert für die Beurteilung einer möglichen Progression der Parodontitis zu erheben; fakultativ und alternativ kann auch der klinische Attachmentverlust aufgezeichnet werden.
    - Furkationsbefall:
    Grad 1 = bis 3 mm in horizontaler Richtung
    Grad 2 = mehr als 3 mm in horizontaler Richtung
    Grad 3 = durchgängig
    - Zahnlockerung:
    Grad I = gering horizontal (0,2 mm – 1 mm)
    Grad II = moderat horizontal (mehr als 1 mm)
    Grad III = ausgeprägt horizontal (mehr als 2 mm) und in vertikaler Richtung

    Der Röntgenbefund erfordert aktuelle (in der Regel nicht älter als sechs Monate), auswertbare Röntgenaufnahmen.
    Die Diagnosen sind gemäß der jeweils gültigen Klassifikation der Parodontitiden der maßgeblichen parodontologischen wissenschaftlichen Fachgesellschaft anzugeben.
  3. Prognose
    Wesentlich für eine günstige Prognose ist die Mitwirkung des Patienten (Nr. 4).
    Die Prognose ist für das gesamte Gebiss oder für einzelne Parodontien ungünstig bei weit fortgeschrittenem Knochenabbau von über 75 % oder einem Furkationsbefall von Grad 3.

    Die Prognose für die Therapie lokaler oder generalisierter Parodontopathien wird zusätzlich durch folgende Faktoren ungünstig beeinflusst:
    - Vorliegen systemischer Risikofaktoren (z.B. schlecht eingestellte Diabetes, HIV im fortgeschrittenen Stadium, Therapie mit immunsuppressiven Medikamenten, Osteoporose)
    - Vorliegen exogener Risikofaktoren (z.B. Nikotinkonsum, Alkoholabusus)
    - unzureichende Mitwirkung des Patienten

    Bei weit fortgeschrittenem Knochenabbau von über 75 % oder einem Furkationsbe-fall von Grad 3 ist bei gleichzeitigem Vorliegen eines Lockerungsgrades III in der Regel die Entfernung des Zahnes angezeigt.
  4. Mitwirkung des Patienten
    Der Zahnarzt hat den Patienten in allen Therapiephasen über die Notwendigkeit der aktiven Mitwirkung zu informieren. Die Mitwirkung besteht darin, dass sich der Patient nach seinen individuellen Möglichkeiten aktiv bemüht, exogene und endogene Risikofaktoren zu reduzieren, an den notwendigen Behandlungsterminen teilzunehmen und eventuell eingesetzte Therapiemittel indikationsgerecht anzuwenden.
    Vor und während der Parodontitisbehandlung ist zu überprüfen, in welchem Umfang eine Parodontitisbehandlung nach diesen Richtlinien angezeigt ist und dem Wirtschaftlichkeitsgebot entspricht. Dies hängt besonders von der Mitarbeit des Patienten ab.
    Patienten, die trotzdem nicht ausreichend mitarbeiten oder unzureichende Mundhygiene betreiben, hat der Zahnarzt erneut auf die Notwendigkeit der Mitwirkung hinzuweisen und darüber aufzuklären, dass die Behandlung eingeschränkt oder ggf. beendet werden muss.
    Stellt der Zahnarzt fest, dass der Patient nicht ausreichend mitarbeitet, hat der Zahnarzt das Behandlungsziel neu zu bestimmen und ggf. die Behandlung zu beenden,
    - wenn eine Verhaltensänderung des Patienten in absehbarer Zeit ausgeschlossen erscheint oder
    - wenn er in einem weiteren Behandlungstermin feststellt, dass eine wesentliche Verhaltensänderung nicht erfolgt ist.
    Der Zahnarzt hat hierüber die Krankenkasse zu unterrichten. Die Behandlung kann erst dann fortgeführt werden, wenn die Voraussetzungen gemäß Nr. 1 Absatz 2 vorliegen.
  5. Systematische Parodontitistherapie
    Die systematische Parodontitistherapie umfasst:
    a) Geschlossenes Vorgehen
    Bei Zahnfleischtaschen mit einer Sondiertiefe von 3,5mm und mehr, wobei alle supragingivalen und klinisch erreichbaren subgingivalen weichen und harten Beläge – Biofilm und Zahnstein – nach Möglichkeit innerhalb von 4 Wochen entfernt werden.
    b) Offenes Vorgehen
    Bei Sondiertiefen von mehr als 5,5mm kann das geschlossene Vorgehen vor dem offenen Vorgehen durchgeführt werden. Nach dem geschlossenen Vorgehen ist zu prüfen, ob an einzelnen Parodontien ein offenes Vorgehen zusätzlich durchzuführen ist.
    In Ausnahmefällen kann das offene Vorgehen auch ohne vorheriges geschlosse-nes Vorgehen erfolgen.
    Vor Durchführung eines offenen Vorgehens ist zu prüfen, ob die Mitwirkung des Patienten im bisherigen Verlauf der Behandlung gegeben war. Im Frontzahnbereich besteht aus ästhetischen Gründen eine strenge Indikation zum offenen Vorgehen.
    Bei gingivalen Vergrößerungen und Gingiva- bzw. Weichgewebswucherungen ist zusätzlich die chirurgische Entfernung pathologisch veränderten Gewebes unter Wiederherstellung einer physiologischen Gingivamorphologie erforderlich.
  6. Antibiotische Therapie
    Bei besonders schweren Formen der Parodontitis, die mit einem raschen Attachmentverlust einhergehen, können systemisch wirkende Antibiotika im zeitlichen Zusammenhang mit der Parodontitistherapie verordnet werden. Dies kann in der Regel direkt nach Abschluss des supra- und subgingivalen Debridements erfolgen.
    Vor der Verordnung von Antibiotika ist zu prüfen, ob die Mitwirkung des Patienten (Nr. 4) im bisherigen Verlauf der Behandlung gegeben war und sie auch weiterhin zu erwarten ist.
    Eine mikrobiologische Diagnostik sowie die lokale Antibiotikatherapie sind grundsätzlich nicht Bestandteil der vertragszahnärztlichen Versorgung.
  7. Maßnahmen zur Sicherung des Behandlungserfolges
    Die regelmäßige Untersuchung des Patienten nach Abschluss einer systematischen Behandlung von Parodontopathien ist wegen der Gefahr einer bakteriellen Wiederbesiedlung der Taschen erforderlich.
    Lokale Maßnahmen an einzelnen Parodontien sind gegebenenfalls zu wiederholen.
    Die erste Untersuchung sollte bei geschlossenem Vorgehen nach 6 Monaten und nach offenem Vorgehen spätestens nach 3 Monaten erfolgen.
  8. Regelungen zum Qualitätsmanagement
    Die Krankenkasse kann die anhand von Anamnese, klinischer sowie radiologischer Befundung gestellte Diagnose und die daraus abgeleitete Therapieplanung begutachten lassen.

Anlage zu den Behandlungs-Richtlinien

Parodontaler Screening-Index (PSI)
Der PSI bietet einen orientierenden Überblick über das Vorliegen und/oder die Schwere einer parodontalen Erkrankung und den Behandlungsbedarf. Er ist auch geeignet, Erkrankungsrezidive aufzudecken.
Die Messung des PSI erfolgt bei Kindern und Jugendlichen bis zum vollendeten 18. Lebensjahr an den Parodontien der Indexzähne 11, 16, 26, 31, 36, 46 bzw. bei de-ren Fehlen ersatzweise an den daneben stehenden Zähnen. Bei Erwachsenen erfolgt die Messung an allen vorhandenen Zähnen mit Ausnahme der Weisheitszähne. Die Befundung wird mittels einer Mess-Sonde mit halbkugelförmiger Spitze und Markierung (schwarzes Band zwischen 3,5 und 5,5 mm) durchgeführt. Zur Erhe-bung ist das Gebiss in Sextanten eingeteilt.

Aufgezeichnet wird der höchste Wert pro Sextant:

Code 0 = Entzündungsfrei, kein Zahnstein oder überstehende Füllungs- oder Kro-nenränder
Code 1 = Blutung nach vorsichtigem Sondieren
Code 2 = Blutung nach vorsichtigem Sondieren, supra- oder subgingivale Plaque und Zahnstein und/oder überstehende Füllungs- oder Kronenränder
Code 3 = Sondiertiefe 3,5 bis 5,5 mm (schwarzes Band teilweise sichtbar)
Code 4 = Sondiertiefe 6 mm oder mehr (schwarzes Band nicht mehr sichtbar)
Falls beim Sondieren von Taschen sich purulentes Exsudat entleert, ist dies der Blutung gleichzustellen.
Wird an einem Parodontium ein Wert von Code 4 gemessen, wird für den Sextanten die Messung beendet und für den Sextanten ein Wert von Code 4 eingetragen. Ist ein Sextant zahnlos, wird ein x eingetragen.
Wird eine Furkationsbeteiligung festgestellt, wird der Sextant mit einem * versehen und eine Einordnung in den nächsthöheren als den per Messung festgestellten Code vorgenommen.

VI. Sonstige Behandlungsmaßnahmen

  1. Zur vertragszahnärztlichen Versorgung gehören das Entfernen von harten verkalkten Belägen und die Behandlung von Erkrankungen der Mundschleimhaut.
  2. Aufbissbehelfe
    a) Das Eingliedern eines Aufbissbehelfs mit adjustierter Oberfläche kann angezeigt sein bei Kiefergelenkstörungen, Myoarthropathien und zur Behebung von Fehlgewohnheiten. Angezeigt sind nur
    - individuell adjustierte Aufbissbehelfe,
    - Miniplastschienen mit individuell geformtem Kunststoffrelief,
    - Interzeptoren,
    - spezielle Aufbissschienen am Oberkiefer, die alle Okklusionsflächen bedecken (z.B. Michigan-Schienen).
    b) Das Eingliedern eines Aufbissbehelfs ohne adjustierte Oberfläche kann angezeigt sein bei akuten Schmerzzuständen.
    c) Die Umarbeitung einer vorhandenen Prothese zum Aufbissbehelf kann angezeigt sein bei Kiefergelenkstörungen, Myoarthropathien und nach chirurgischen Behandlungen.
    d) Die semipermanente Schienung kann angezeigt sein zur Stabilisierung gelockerter Zähne und bei prä- bzw. postchirurgischen Fixationsmaßnahmen.

VII. Ausnahmeindikationen für implantologische Leistungen

  1. Der Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen legt in Richtlinien gem. § 92 Abs. 1 SGB V die seltenen Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle fest, in denen der Anspruch auf implantologische Leistungen einschließlich der Epithesen und/oder der Suprakonstruktionen (implantatgetragener Zahnersatz) im Rahmen einer medizinischen Gesamtbehandlung gemäß § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V als Sachleistung besteht. Der Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen folgt dabei den Intentionen des Gesetzgebers, dass Versicherte nur in zwingend notwendigen Ausnahmefällen diese Leistungen erhalten.
  2. Ausnahmeindikationen für Implantate und Suprakonstruktionen im Sinne von § 28 Abs. 2 Satz 9 SGB V liegen in den in Satz 4 aufgeführten besonders schweren Fällen vor. Bei Vorliegen dieser Ausnahmeindikationen besteht Anspruch auf Implantate zur Abstützung von Zahnersatz als Sachleistung nur dann, wenn eine konventionelle prothetische Versorgung ohne Implantate nicht möglich ist. In den Fällen von Satz 4 Buchstaben a) bis c) gilt dies nur dann, wenn das rekonstruierte Prothesenlager durch einen schleimhautgelagerten Zahnersatz nicht belastbar ist.
    Besonders schwere Fälle liegen vor
    a) bei größeren Kiefer- oder Gesichtsdefekten, die ihre Ursache
    - in Tumoroperationen,
    - in Entzündungen des Kiefers,
    - in Operationen infolge von großen Zysten (z.B. große follikuläre Zysten oder Keratozysten),
    - in Operationen infolge von Osteopathien, sofern keine Kontraindikation für eine Implantatversorgung vorliegt,
    - in angeborenen Fehlbildungen des Kiefers (Lippen-, Kiefer-, Gaumen-spalten, ektodermale Dysplasien) oder
    - in Unfällen
    haben,
    b) bei dauerhaft bestehender extremer Xerostomie, insbesondere im Rahmen ei-ner Tumorbehandlung
    c) bei generalisierter genetischer Nichtanlage von Zähnen,
    d) bei nicht willentlich beeinflussbaren muskulären Fehlfunktionen im Mund- und Gesichtsbereich (z. B. Spastiken).
  3. Bei extraoralen Defekten im Gesichtsbereich nach Tumoroperationen oder Unfällen oder infolge genetisch bedingter Nichtanlagen ist die operative Deckung der Defekte das primäre Ziel. Ist eine rein operative Rehabilitation nicht möglich und scheidet die Fixierung von Epithesen zum Defektverschluss durch andere Fixierungsmöglichkeiten aus, so ist eine Verankerung von Epithesen durch Implantate angezeigt.
  4. Die Krankenkasse muss die in diesen Richtlinien genannten Behandlungsfälle mit dem Ziel begutachten lassen, ob die Ausnahmeindikationen vorliegen. Zahnarzt und Krankenkasse können eine Überprüfung des Gutachtens durch einen Obergutachter bei der KZBV beantragen.
    Gutachter und Obergutachter müssen implantologisch erfahrene Zahnärzte sein, die von der KZBV im Einvernehmen mit den Spitzenverbänden der Krankenkassen benannt werden. Das Vorschlagsrecht für entsprechende Gutachter und Obergutachter liegt sowohl bei der KZBV als auch bei den Spitzenverbänden der Krankenkassen.

C - Verordnung von Arzneimitteln

I. Allgemeine Grundsätze

  1. Zur vertragszahnärztlichen Versorgung gehört die Verordnung von Arzneimitteln nur dann, wenn sie im Zusammenhang mit einer zu behandelnden Zahn-, Mund- oder Kieferkrankheit steht.
    Dies gilt auch, wenn Zahnärzte, welche die Approbation als Arzt besitzen, im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung tätig werden.
  2. Der Zahnarzt soll Arzneimittel in der Regel nur verordnen, wenn er sich von dem Zustand des Kranken überzeugt hat oder wenn ihm der Zustand aus der laufenden Behandlung bekannt ist.
  3. Vor der Verordnung von Arzneimitteln soll der Zahnarzt prüfen, ob sie erforderlich ist oder ob andere Maßnahmen (z. B. hygienische, physikalische, diätetische) angezeigt sind.
  4. Die Krankenkassen sollen die Versicherten allgemein und soweit nötig im Einzelfall darüber aufklären, dass sie Anspruch auf eine ausreichende und nach den Regeln der ärztlichen Kunst zweckmäßige Versorgung mit Arzneimitteln haben, dass sie jedoch die Verordnung von Arzneimitteln, die für die Erzielung des Heilerfolges nicht notwendig oder die unwirtschaftlich sind, nicht beanspruchen können, dass die Zahnärzte solche Arzneimittel auf Kosten der Krankenkassen nicht verordnen und dass die Krankenkassen sie nicht nachträglich bewilligen dürfen.

II. Auswahl der Arzneimittel

  1. Für die Wirtschaftlichkeit einer Arzneimittelverordnung ist vor dem Preis der therapeutische Nutzen entscheidend. Die Wirtschaftlichkeit einer Behandlung ist zu beurteilen nach dem Verhältnis ihrer Kosten zur Sicherung des Erfolges und zu der dafür erforderlichen Zeit. Ziel der zahnärztlichen Behandlung ist vornehmlich die bald mögliche Wiederherstellung der Gesundheit oder Arbeitsfähigkeit. Die Berücksichtigung der Wirtschaftlichkeit bei der Verordnung von Arzneimitteln besagt nicht, dass nur einfache und billige Arzneimittel verordnet werden dürfen; auch die Verordnung von teuren Arzneimitteln kann im Hinblick auf die Art der Erkrankung und die Umstände des Krankheitsfalles wirtschaftlich sein.
    Jedoch soll der Zahnarzt stets prüfen, ob sich der angestrebte Erfolg auch durch preisgünstigere Arzneimittel erreichen lässt.
    Die Verordnung von Kombinationspräparaten kann unwirtschaftlich sein, so z. B., wenn weder durch die einzelnen Komponenten noch mit deren Synergismus eine Steigerung des therapeutischen Nutzens oder eine Verminderung von unerwünschten Wirkungen verbunden ist, besonders dann, wenn die Kombination unnötige Bestandteile enthält.
    Eine gleichzeitige Verordnung mehrerer pharmakologisch gleichsinnig wirkender Arzneimittel kann nur sinnvoll sein, wenn durch sie ein therapeutisch zweckmäßiger Synergismus bewirkt bzw. unerwünschte Wirkungen gemindert oder vermieden werden.

  2. Es sollen nur solche Arzneimittel verordnet werden, deren therapeutische Wirksamkeit durch objektiv festgestellte Ergebnisse ausreichend gesichert ist. Erprobungen von Arzneimitteln auf Kosten der Versicherungsträger sind unzulässig.

  3. Die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen sollen die Zahnärzte hinsichtlich der Arzneimittelverordnungen beraten und durch Einholung und Bekanntgabe gutachterlicher Stellungnahmen, insbesondere der Zahnärztlichen Arzneimittelkommission der Bundeszahnärztekammer, unterstützen.
  4. Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung soll von der Zahnärztlichen Arzneimittelkommission der Bundeszahnärztekammer in erforderlichen Fällen Gutachten darüber einholen, ob bei einem Arzneimittel die in Nummer 2 bezeichnete Voraussetzung erfüllt ist.
  5. Arzneimittel, deren therapeutisch wirksame Bestandteile nicht gem. § 10 Abs. 1 Nummer 8 des Arzneimittelgesetzes qualitativ und quantitativ deklariert sind, dürfen im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung nicht verordnet werden. Die Arzneimittel, deren Wirkstoffgehalt in den Ausgangsprodukten Schwankungen unterworfen ist, sollen nur verordnet werden, wenn der Hersteller eine standardisierte biologische Einstellung des Wirkstoffgehaltes vorgenommen und deklariert hat.
  6. Von gleichartig wirkenden Arzneimitteln soll unter Berücksichtigung der Qualität, der Unbedenklichkeit und, soweit erforderlich und möglich, der Bioverfügbarkeit das in Form und Menge wirtschaftlichste verordnet werden.
  7. Es kann kostensparend sein, Arzneimittel nicht mit dem wortgeschützten Namen, sondern unter ihrem chemischen Namen oder unter dem internationalen Freinamen der Weltgesund-heitsorganisation zu verschreiben, wobei die unter Nummer 6 ge-nannten Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind.
  8. Gemäß § 31 SGB V dürfen nur solche Arzneimittel verordnet werden, die apothekenpflichtig sind.
  9. Gegenüber Verordnungswünschen der Versicherten ist Zurückhaltung geboten, insbesondere bei Arzneimitteln, für die nicht nur in Fachkreisen geworben wird, weil erfahrungsgemäß die Publikumswerbung zu einem das therapeutisch notwendige Maß übersteigenden Arzneimittelverbrauch anreizt und damit gesundheitliche Gefahren mit sich bringt. Außerdem beeinträchtigt die Publikumswerbung die dem Zahnarzt zustehende Entscheidungsfreiheit über die im Einzelfall angezeigte Art der Arzneimittelverordnung.
  10. Nicht verordnet werden dürfen
    a) Nähr-, Stärkungs- und Genussmittel, Vitamine,
    b) Zahn- und Mundpflegemittel; diese gelten als Mittel der täglichen Hygiene, auch dann, wenn sie auf Grund arzneilicher Zusätze prophylaktischen oder therapeutischen Zwecken dienen sollen.

III. Verordnungsumfang

  1. Überhöhte Kosten entstehen auch dann, wenn der Zahnarzt zwar preisgünstige Arzneimittel, diese aber in zu großem Umfang verordnet.
  2. Die zu verordnende Menge hängt in erster Linie von der Art und Dauer der Erkrankung ab. Bei akuten Erkrankungen führt die Verordnung einer zu großen Menge leicht zu Arzneimittelvergeudung; bei chronischen Krankheiten können wiederholte Verordnungen von kleinen Mengen unwirtschaftlicher sein als die einmalige Verordnung einer größeren Menge.
    Bei Verordnungen sind Art und Menge der vom Kranken bereits verbrauchten Arzneimittel zu berücksichtigen. Vor jeder Wiederholung von Arzneimittelverordnungen soll der Zahnarzt prüfen, ob eine Wiederholung erforderlich ist und ob die verbrauchte Menge mit der vorgesehenen Anwendungszeit übereinstimmt. Dabei ist insbesondere auf Arzneimittelmissbrauch im Sinne einer Gewöhnung oder Sucht zu achten (z. B. bei Schmerzstillungs-, Beruhigungs- und Schlafmitteln).

IV. Hinweise auf Verordnungsmöglichkeiten und Preisgestaltung

  1. Zur wirtschaftlichen Verordnungsweise gehört auch die Verpflichtung des Zahnarztes, sich im Rahmen des Möglichen über die Preise der Arzneimittel zu unterrichten.
  2. Bei der Verordnung von Fertigarzneimitteln muss der Zahnarzt die Arzneiform angeben und auf die richtige Mengenangabe der abgabefertigen Packung achten. Beim Verschreiben von Tabletten, Dragees und dergleichen in abgabefertigen Packungen ist, wenn diese mit verschiedenem Gehalt an wirksamen Stoffen im Handel sind, die Menge des wirksamen Bestandteiles anzugeben. Zusätze zum Arzneimittelnamen, wie z. B. forte, mite, retard sind anzugeben. Die Verordnung eines Arzneimittels ohne die Angaben kann unwirtschaftlich sein, weil der Apotheker dann verpflichtet ist, die Packung mit dem niedrigsten Wirkstoffgehalt, bei gleichem Wirkstoffgehalt die Packung mit der kleinsten Menge, abzugeben.
  3. Für die Inanspruchnahme der Apotheken in der Zeit von 20 Uhr bis 7 Uhr können die Apotheken ein zusätzliches Entgelt berechnen. Deshalb müssen alle Verordnungen, deren Belieferung während dieser Zeit erforderlich ist, mit dem Vermerk noctu oder cito versehen werden.

Berlin, 04.06.2003 und Köln, 24.09.2003

Bundesausschuss der Zahnärzte und Krankenkassen
Der Vorsitzende
Prof. Dr. Herbert Genzel"